Klimaschutz Sofortprogramm für die neue Bundesregierung

Gemeinsam mit anderen Institutionen hat die Agora Energiewende ein Klimaschutz-Sofortprogramm für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung veröffentlicht. Zusätzlich gibt es „50 Empfehlungen für die 20. Legislaturperiode (2021-2025)“. Wir haben die wichtigsten Bausteine auf den Prüfstand gestellt.

 

Modernisierungsrate erhöhen

Die Rate für die energetische Modernisierung soll auf 1,6% und ab 2030 auf 1,75% erhöht werden. Das klingt realistisch, wenn es mit einer verstärkten Förderung einhergeht.

 

Verstärkte Förderung der energetischen Modernisierung

„Fördern, was gefordert wird“ – damit soll ein Paradigmenwechsel bei der Förderung der energetischen Modernisierung eingeleitet werden. Auch ordnungsrechtlich vorgeschriebene Maßnahmen sind dann förderfähig. Bisher gab es die Förderung nur, wenn der ordnungsrechtlich geforderte Standard übertroffen wurde. Jährlich sollen 12 Mrd. € bereitgestellt werden. Die Förderung von Einzelmaßnahmen wird von 20 auf 30% der Kosten erhöht (Drittelmodell).

 

Zahl der Wärmepumpen steigern und Wärmenetze ausbauen

Bis 2030 sollen 6 Mio. neue Wärmepumpen – vorrangig in Bestandsgebäude – eingebaut und die Wärmenetze ausgebaut werden. Beides erfordert Gebäude, die „Niedertemperatur-ready“, also gedämmt sind. So kann der Umstieg auf 100% klimaneutrale Wärmeerzeugung gelingen.

 

Anforderungen an Neubau und Modernisierung verschärfen

Ab 2024 soll für Neubauten das Effizienzhausniveau 40 gefordert werden. Bei energetischen Modernisierungen sollen das Zielniveau des Effizienzhauses 70 bzw. der jetzt schon geltende BEG-Einzelmaßnahmenstandard festgeschrieben werden. Dadurch werden das Bauen und die energetische Modernisierung teurer. Immerhin ist die Forderung der Grünen, für energetische Modernisierungen zwangsweise den Effizienzhausstandard 55 einzuführen, hier zunächst vom Tisch.

 

Sanierungsfahrpläne und Modernisierungen verpflichtend machen

Bei Eigentumsübergang oder Neuvermietung soll die Pflicht zur Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans eingeführt werden. Der Schritt zu einem daraus abgeleiteten „Sanierungszwang“ ist nicht mehr weit. Von den Energieberatern, die den Sanierungsfahrplan aufstellen sollen, erwarten wir keine Wunder – aber zusätzliche Kosten. Zudem stellt sich die Frage, ob die Beratung tatsächlich immer im gebotenen Maß die Gebäudehülle im Blick hat.

 

Modernisierungsumlage absenken

Zwar soll die Modernisierungsumlage von 8,0% auf 1,5% abgesenkt werden, dafür sollen aber deutlich mehr Fördermittel (12 Mrd. € pro Jahr) fließen, wobei diese vom Vermieter nicht mehr von den umlagefähigen Kosten abgezogen werden müssen. De facto soll damit das „Drittelmodell“ umgesetzt werden, wonach die Kosten der energetischen Modernisierung zu je einem Drittel von den Mietern, den Vermietern und dem Staat getragen werden sollen. Hierzu fehlt aber die Einschätzung der Wohnungswirtschaft.

 

Serielle Sanierung

Mit einem 10 Mrd. € Förderprogramm soll die Markteinführung der industriellen energetischen Modernisierung vorangetrieben werden. Bisherige Diskussionen und Workshops zeigen, dass den idealistischen Akteuren die praktische Erfahrung fehlt. Was „serielle Sanierung“ bedeutet und inwieweit das im Gebäudebestand überhaupt zu realisieren wäre, bleibt im Unklaren.

 

CO2-Kosten und Warmmiete

Die Heizkostenverordnung soll so angepasst werden, dass der Vermieter die heizungsbedingten CO2-Kosten des Mieters vollständig übernimmt. Später sollen sogenannte „Warmmieten“ eingeführt werden, bei denen der Vermieter die gesamten Heizkosten übernimmt. Mit solchen Forderungen werden erbitterte Diskussionen mit der Wohnungswirtschaft ausgelöst und ein Keil zwischen Mieter und Vermieter getrieben. Für das Anliegen der gemeinsam zu stemmenden energetischen Modernisierung sind solche Nebenkriegsschauplätze wenig zuträglich.

 

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Die beiden Agora-Bericht sind hier erhältlich (Download jew. als PDF):

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